Das Privacy Magazine "prima" wird vom Berliner Datenschutzbeauftragten zusammengestellt und herausgegeben. Die regelmäßigen - an Wochentagen täglichen - Ausgaben enthalten eine Übersicht von datenschutzrelevanten Berichten der (von uns) ausgewählten Berliner und überregionalen (deutschen) Presse.
Abkürzungen der ausgewerteten Tageszeitungen

Ausgabe vom 22. Januar 1999

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"Neue Auflage des Datenscheckheftes" ND 22.1.99 S. 17

Es kann auch im Internet abgerufen werden unter: [http://www.datenschutz-berlin.de/infomat/datensch/inhalt.htm].

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"Streit um gentechnische Reihenuntersuchungen / Düsseldorfer Landeskriminalamt kritisiert Datenschutzbeauftragte
Der Leiter des Landeskriminalamtes in Nordrhein-Westfalen, Rohmer, hat Aussagen der Datenschutzbeauftragten des Landes, Bettina Sokol, heftig kritisiert. Rohmer ist erbost über Äußerungen Frau Sokols, die sie zu bevorstehenden gentechnischen Reihenuntersuchungen des Speichels von 3000 Männern gemacht hat. ... Speicheltests in dieser Größenordnung kämen einer Rasterfahndung gleich, bei der viele Unbeteiligte erfaßt würden, hatte Frau Sokol in einem Zeitungsgespräch gesagt. Es sei nicht auszuschließen, daß die Proben Rückschlüsse auf andere Merkmale zuließen. ... Rohmer reagiert so verärgert, weil er seine Mitarbeiter - die Proben werden zum großen Teil im Landeskriminalamt analyisiert - vor dem Verdacht bewahren will, sie bewegten sich außerhalb der gesetzlichen Vorschriften. ... Deshalb stellt er klar, daß bei der forensischen DNA-Analyse überhaupt keine Gene untersucht würden, sondern nur winzige DNA-Regionen, die in verschiedenen Längenvarianten vorkommen. ... In die DNA-Analyse-Datei, die vom Bundeskriminalamt geführt wird, dürften Untersuchungsergebnisse nur nach gerichtlicher Anordnung aufgenommen werden, sagt Rohmer. Davon seien nur rechtskräftig verurteilte Straftäter betroffen oder in der 'Vorwärtserfassung' Beschuldigte, die wiederum nach richterlicher Prüfung in dem begründeten Verdacht stehen, daß von ihnen Straftaten zu erwarten seien. ... Alle anderen gewonnenen Daten würden vernichtet. In diesem Zusammenhang von 'Rasterfahndung' zu sprechen, wie Frau Sokol es getan hat, ist für Rohmer unzulässig und unrichtig." FAZ 22.1.99 S. 10

"Datenschutz für Spucke vermißt / Beauftragte nennt Massen-Speicheltest 'Rasterfahndung'
Über die Aufforderung der Polizei in Münster an weitere 3000 Männer, sich freiwillig einem Speicheltest zu unterziehen, streiten die nordrhein-westfälische Datenschutzbeauftragte Bettina Sokol und der Chef des Landeskriminalamtes, Hartmut Rohmer. ... Die Datenschutzbeauftragte hatte, wie zuvor ihr niedersächsischer Kollege Gerhard Dronsch, datenschutzrechtliche Bedenken gegen solche 'Massengentests' erhoben und von einer 'Rasterfahndung' gesprochen, bei der durch die Umkehr der Beweislast gegen elementare rechtsstaatliche Prinzipien verstoßen werde. ... Die Einwände der nordrhein-westfälischen Datenschutzbeauftragten wies der Chef des Landeskriminalamtes am Donnerstag als 'schlichtweg falsch' zurück. Mit 'Rasterfahndung' gebrauche die Datenschutzbeauftragte eine 'Angstvokabel' aus der Hoch-Zeit des Terrorismus und schüre damit Ängste in der Bevölkerung. Sokol hatte kritisiert, daß bei den Speicheltests 'nach persönlichen Merkmalen wie etwa Alter, Geschlecht, Wohnsitz und weiteren Merkmalen ein Personenkreis grob bestimmt wird', der dann von der Polizei im Vergleich mit bekannten Merkmalen des gesuchten Täters 'durchgerastert' werde. Zu bezweifeln sei auch, ob die Speichelproben nach Abschluß der Ermittlungen vernichtet und die daraus gewonnenen Daten gelöscht würden. Der LKA-Chef sieht darin unzulässige Verdächtigungen, mit denen die Datenschutzbeauftragte der Polizei ein unrechtmäßiges Vorgehen unterstelle. Selbstverständlich würden alle aus dem Speicheltest gewonnenen Erkenntnisse 'umgehend vernichtet', sobald deren Spender als Tatverdächtiger ausscheidet. Mit Rasterfahndungen sei dies überhaupt nicht zu vergleichen, weil dabei ohne Wissen des Betroffenen Daten verglichen würden." FR 22.1.99 S. 30

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"Gen-Datei: CDU bessert eigenes Gesetz nach / Bundeszentralregister lehnt Massenabfragen ab
... Der Rechtsexperte der SPD, Jürgen Meyer, kritisierte in der Debatte, daß auch der neue Unions-Entwurf nicht den Anforderungen des Datenschutzes entspreche. Bundesjustizministerin Däubler-Gmelin (SPD) kündigte eine eigene Gesetzesinitiative an. Im April vergangenen Jahres war per Anordnung die Datei, in der die genetischen Fingerabdrücke von Straftätern gespeichert werden, beim Bundeskriminalamt eingerichtet worden. Drei Monate später änderte der Bundestag mit den Stimmen von CDU, CSU, FDP und SPD auch die Strafprozeßordnung. Vorgesehen war, daß das Bundeszentralregister die Daten von Menschen, die wegen Sexualdelikten, gefährlicher Körperverletzung oder Erpressung verurteilt worden sind, auf Anfrage der Länder an die Datei weitergibt. ... Doch das Bundesjustizministerium, dem das Bundeszentralregister in Berlin untersteht, lehnt dies ab. 'Es gibt keine gesetzliche Grundlage für eine Massenabfrage, wie die Länder dies wünschen', sagte Ministeriumssprecher Matthias Hellmann der 'Berliner Zeitung'. Nur Einzelabfragen seien derzeit möglich. Er verwies darauf, daß die Landesjustizministerkonferenz diese Auffassung teilt und eine gesetzliche Grundlage fordert. Als 'Schlamperei' bezeichnete der rechtspolitische Sprecher von Bündnis 90/Die Grünen, Volker Beck, die Lücken in dem Gesetz ... . Er kritisierte, daß auch für die Speicherung von DNA-Analysen aus Ermittlungsverfahren die gesetzliche Grundlage fehlt. ... Bundesjustizministerin Herta Däubler-Gmelin (SPD) kündigte an, Rot-Grün werde 'Korrekturarbeiten' am Gesetz vornehmen, die den Anforderungen des Datenschutzes entsprechen." BerlZtg 22.1.99 S. 5

"Nachbesserung beim Gesetz zur Gen-Datei
... Die Bundesregierung will ebenso wie Union und FDP das Bundeszentralregister verpflichten, Personen mit einschlägigen Einträgen zu übermitteln, um sie in die Datei genetischer Fingerabdrücke aufzunehmen. Dies zeigte sich gestern bei der ersten Lesung über einen entsprechenden Gesetzentwurf der Union." MoPo 22.1.99 S. 5

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"Staatsbürgerschaft / Innenminister Schily will TÜV für Ausländer / CDU-interner Streit über Einbürgerungsrecht / Gegenaktionen zur Unionskampagne
Nach dem Willen von Innenminister Otto Schily (SPD) sollen sich Ausländer bei ihrer Einbürgerung schriftlich zur Verfassung bekennen. ... Bei der Union stießen Schilys Äußerungen auf Unverständnis. ... Nur eine Regelanfrage beim Verfassungsschutz biete ausreichend Gewähr dafür, daß der Einbürgerungsbewerber verfassungstreu sei." ND 22.1.99 S. 1

Kommentar:
"Fallrückzieher statt Doppelpaß" ND 22.1.99 S. 1

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"E-Mails bei Mobilcom offenbar nicht sicher
... Nach Angaben des Internet-Nachrichtendienstes Golem Network News (GNN, www.gnn.de) vom Mittwoch sei es Mitarbeitern von GNN gelungen, 'ohne weiteres' private E-Mails von Freenet-Kunden mitzulesen, unter deren Namen zu verschicken und auch zu löschen. ... Mobilcom habe angekündigt, das Mail-System bis zur Behebung der Mängel abzuschalten. ... Voraussetzung für den Hacker-Angriff sei der Besitz einer eigenen Internet-Seite. ... Das Unternehmen war mit dem Internet-Zugang bereits vor zwei Wochen in die Kritik geraten, als es Radio-Reportern gelungen war, Telefonnummern und Anmeldenamen von Nutzern aus dem Zugangs-Computer von Mobilcom auszulesen." Tsp 22.1.99 S. 34

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"GERICHTSHOF TAGT
Trotz des Steuergeheimnisses dürfen Medien aus Dokumenten der Finanzbehörde zitieren, wenn die Informationen für die Öffentlichkeit von Gewicht sind und dem Allgemeininteresse der Demokratie dienen. Dieses Grundsatzurteil fällte am Donnerstag in Straßburg der Europäische Gerichtshof für Menschenrechte." BerlZtg 22.1.99 S. 18

"Menschenrechtsgericht rügt französisches Urteil
... europäische Gerichtshof für Menschenrechte in Straßburg ... . ... Beschwert hatten sich zwei Journalisten des satirischen Wochenmagazins Le Canard enchaine. Sie waren 1989 wegen der Veröffentlichung einer Steuererklärung des damaligen Vorsitzenden von Peugeot, Jacques Calvet, von einem Gericht zu einer Geldstrafe verurteilt worden. ... In diesem Fall wiege das Informationsrecht der Öffentlichkeit schwerer als der Schutz der Vertraulichkeit steuerlicher Informationen, hieß es im Urteil." SZ 22.1.99 S. 8

"Als der Peugeot-Chef seinen Steuerbescheid in der Zeitung las / Das erste Urteil des Straßburger Menschenrechts-Gerichtshofs schlägt eine Bresche für die Pressefreiheit im Medienrecht" FR 22.1.99 S. 2

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"Vergeßliche DDR-Spione / Eine Datenbank gibt einen Überblick über die Tätigkeit der HVA
... ...Sira ist keine verführerische, leichtbekleidete Spionin, sondern der Name einer nur leicht verschlüsselten Datenbank, die - auf vier Magnetbändern gespeichert - jahrelang in der Gauck-Behörde vor sich hin schlummerte, bis sie Ende vergangenen Jahres dort von einem ehemaligen Telefontechniker der DDR und einem Zivilangestellten der Nationalen Volksarmee entschlüsselt wurde. Sira steht für 'System, Information, Recherche der Aufklärung', und sie ist ein Produkt der Hauptverwaltung Aufklärung (HVA), der von Markus Wolf geleiteten DDR-Auslandsspionage. Mehr als 180 000 Datensätze sind in ihr enthalten, auf Papier entspricht dies schätzungsweise 200 000 Blatt. ... Sira verzeichnet auf diversen Feldern Deckname und Registriernummer der 'Quelle', gibt eine kurze inhaltliche Beschreibung der Information, nennt die vorkommenden Personen, die Diensteinheit, von der die Information kam, die befreundeten Dienste, an die sie weitergeleitet wurde, sie enthält einen Stichwortkatalog und eine Regionalgliederung." FAZ 22.1.99 S. 12

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